Vaginalpilze und andere Plagegeister

von Dr Dorothee Struck (Kommentare: 0)

Schützende Mitbewohner

Pilz

In einer gesunden Scheidenflora herrscht reges Treiben. Insbesondere Milchsäurebakterien (Döderleinbakterien) tummeln sich hier. In den absterbenden Schleimhautzellen finden sie genügend Futter (Glykogen), das sie zu unserem Glück zu Milchsäure verarbeiten. Das wiederum senkt den pH-Wert in der Scheide auf gesunde 3,5 bis 4. Damit schaffen sie das Millieu, in dem sich für uns günstige Mitbewohner, also weitere Angehörige unserer physiologischen Vaginalflora, rundherum wohl fühlen. Ist das nicht der Fall, können sich zahlreiche Plagegeister wie Pilze, Darmbakterien und andere Eindringliche, die sich ebenfalls Zugang zu diesem Lebensraum verschaffen. Für viele Bakterien ist ein saurer pH-Wert ein Graus. Neben der Milchsäure bauen „fleißige“ Milchsäure-Bakterien auch Substanzen, die aktiv die Konkurrenz um das Futter fernhalten. Viele Mikroorganismen wie auch die Milchsäurebakterien leben friedlich zusammen in unserem Darm. Von dort aus wird die Scheide besiedelt (das hat die Natur so vorgesehen). Es geht also darum, für die Organismen, die uns schützen, optimale Lebensbedingungen in der Vagina zu schaffen. Die Milchsäurebakterien sollen dort gedeihen, Darmbakterien (die bei der Verdauung nützlich sind) sollen aber brav in Ihrem angestammten Lebensraum bleiben. Wie erhalten wir denn die schützende Milchsäurebakterien-Flora gesund?

 

Wenn Eindringlinge die Oberhand gewinnen …

So weit, so gut. Doch leider ist das Leben der Döderleins nicht immer ganz so harmonisch. In unserem modernen Leben haben sie mit zahlreichen Widrigkeiten zu kämpfen (s.u.). Je nachdem, wie tapfer sie sich zur Wehr setzen können, gewinnen früher oder später womöglich doch die Eindringlinge die Oberhand. Vorbei ist es mit dem gesunden Gleichgewicht der Vaginalflora. Die Folge sind Vaginosen, Vaginitis, aber auch Harnwegsinfekte mit den vielen Frauen zu kämpfen haben – begleitet von lästigen Symptomen wie Ausfluss, Juckreiz und Brennen in der Scheide.

 

Was Sie tun – was Sie lieber lassen sollten …

Mitunter trägt frau sogar ungewollt dazu bei, ihren hilfreichen Mitbewohnern das Leben schwer zu machen. Hier die wichtigsten Stressfaktoren und wie sie sich vermeiden lassen.

  1. Antibiotika

Antibiotika kennen weder Freund noch Feind. Sie richten sich gegen alle Bakterien – ganz ohne Rücksicht auf die nützlichen. Wenn die Döderleinbakterien unter der Last der Antibiotika in die Knie gehen, weniger werden und der vaginale pH-Wert steigt, wittern Eindringlinge wie Bakterien und Pilze ihre Chance, stürmen auf die freigewordenen Plätze und nisten sich umgehend ein.

  1. Seifen, Duschgel & Co.

Die Werbung vermittelt es uns eindringlich: Sie duften gut, reinigen und pflegen – die allseits beliebten Produkte zur Körperreinigung. Gleich ob Duschgel, Seife oder Intimwaschlotion: Sie alle töten Bakterien – und richten daher in unsere sensiblen Intimregion ähnlichen Schaden an wie Antibiotika. Da hilft es leider auch wenig, wenn die Produkte extra als sauer oder mit Milchsäure angereichert gepriesen werden.

So sinnvoll Seife & Co beim täglichen Händewaschen sein mögen: In der Intimregion haben sie nichts, aber auch gar nichts zu suchen.

Gleiches gilt für die inzwischen beliebten Rasierschäume. Da ist es allemal besser, mit Öl oder trocken zu rasieren!

Und was die Reinigung selbst anbetrifft: Klares Wasser reicht – wirklich! Von Intimwaschlotionen und Intimspray mag wohl der Hersteller profitieren, aber bestimmt nicht Ihre Scheidenflora. Solche Produkte braucht kein Mensch!

Gucken Sie mal auf die Rückseite Ihres Duschgels oder Rasiermittels: dort ist ein kleiner Tiegel mit einer Zahl abgebildet, häufig eine zwölf. Das bedeutet, dass der Hersteller eine Garantie abgibt, das für die nächsten 12 Monate in der geöffneten Packung auch im feucht-warmen Badezimmer keine Bakterien wachsen werden. Um das zu erreichen enthalten diese Produkte Konservierungsmittel, die beileibe nicht nur Bakterien in der Tube, Tiegel oder Pumpspender killen. Und auch diese Konservierungsstoffe kennen weder Freund noch Feind, sondern desinfizieren auch die guten Freunde mit weg.

  1. Chlor – nicht nur im Schwimmbad

Warum werden Schwimmbäder gechlort? – Richtig: Um Bakterien im Wasser abzutöten.

Und was macht das Chlorwasser mit Ihrer Vaginalflora? – Sie ahnen schon …

Um ihre Döderleinbakterien vor dem aggressiven Chlor zu schützen, können sensible Frauen ggf. Schutztampons aus der Apotheke z. B. SymbiofemProtect zur Prophylaxe verwenden oder selber Bio-Tampons in Ölivenöl einlegen und so einen Fettpropfen der das Chlorwasser stoppt, erzeugen. Da auch ein Öltampon etwas Schwimmbadwasser aufnimmt bitte nach dem Baden gleich entfernen. Bitte nie mit einem normalen Tampon ins Chlorwasser gehen, ohne Öl zieht ein normaler Tampon wie ein Docht in einer Öllampe das Chlorwasser in die Vagina.

Leider sind inzwischen viele Tampons, Binden und Slipeinlagen chlorgebleicht. Auch diese schaden unseren schützenden Mitbewohnern. Als Alternative bieten sich Menstruations-Tassen aus Silikon oder Bio-Produkte an. Diese werden nämlich ohne Chlor hergestellt.

Auch geruchshemmende Materialien z. B. für Slips und Radlhosen mit Nanosilber bringen gleiche Probleme mit sich. Alles „ganz hygienisch“, aber leider nicht gesund, denn unser Genitalbereich ist nicht keimfrei und das ist auch gut so! Sofern nur die guten und fleißigen Kollegen dort leben.

  1. Künstliche Östrogene

Auch Hormone beeinflussen unsere Scheidenflora. Das gilt insbesondere für die sehr niedrig dosierten Pillen mit 20 µg Ethinylöstradiol oder weniger. Das Problem dabei: Unsere Döderleins brauchen Futter. Und das liefert ihnen normalerweise die Schleimhaut von Scheide und Vorhof in Form von Glykogen. Allerdings nur unter dem Einfluss natürlichen Östriols. Unsere Eierstöcke bilden ohne Pille verschiedene Formen von Östrogen. Nehmen wir die Pille, haben wir nur ein Östrogen, nämlich das aus der Packung und leider eignet sich Östriol nicht für die Verhütung. Entsprechend entwickeln empfindliche Frauen unter der Pille gerne immer wieder Scheideninfekte. Ihre Milchsäurebakterien hungern, sterben ab und hungern und Frau ist der Verzweiflung nahe. Egal wie oft sie sich eine Milchsäurebakterien-Kur aus der Apotheke holt, die guten Geister mögen nicht dauerhaft bleiben.

Die Alternative: Betroffene Frauen sollten von der niedrig dosierten Pille auf eine höher dosierte wechseln (solche mit natürlichem Östradiol sind leider auch nicht viel besser). Das hilft zwar auch nicht immer, ist aber einen Versuch wert. Wenn keine Besserung in Sicht ist, kann die regelmäßige Anwendung einer Scheidencreme mit natürlichem Östriol helfen. Oder Sie versuchen es doch einmal mit einer hormonfreien Verhütung …

 

Allzeit schützende Mitbewohner wünscht Ihnen

Ihre Stephanie Prestin

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Bildnachweis /Fotos: Dr. Dorothee Struck, Joachim Struck, Creative Commons oder gekauft bei Depositphotos

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