Kapuzinerkresse - Biochemie & Blaseninfekte

von Dr Dorothee Struck (Kommentare: 0)

Eine Sommerpflanze in der kalten Infektsaison

Scharfe Blätter gegen Bakterien in der Blase - Kapuzinerkresse im Februar

Kapuzinerkresse (Tropäolum majus)
Kapuzinerkresse (Tropäolum majus) mit Schärfe gegen Harnwegsinfekte

 

Warum über Kapuzinerkresse  (Tropaeolum majus) schreiben, wenn es noch kalt ist? Es wird noch lange dauern, bis die feurig orange-roten oder gelben Blüten wieder aus dem üppigen Blattwerk herauslugen, das Auge erfreuen und Feinschmecker an ihr herumzupfen. Die Blätter gut gehackt in Quark auf Brot sind sie mit feiner Schärfe ein Genuß, die essbaren Blüten verzieren so manchen Sommersalat und die Knospen können wie Kapern eingelegt werden. Auch in grünen Smoothies können einige Blätter im Mixer für einen schaften Akzent sorgen, wenn eine Alternative zu Ingwer gesucht wird. Es gibt sogar ein ganzes Kochbuch über diese Kresse, die 2013 die Arzneipflanze des Jahres war. Nicht die Sehnsucht nach tiefdunklem, satten Grün und leuchtenden Farbtupfern auf dem gerade tristen Balkon oder kulinarische Überlegungen treibt mich dazu, diese Pflanze zu betrachten, sondern das der Winter für uns in der Praxis die Zeit ist, in der Arzneimittel aus Kapuzinerkresse Saison haben.

 

„Kopf kühl und Füße warm, hält Arzt und Apotheker arm!“

Nur im Winter klappt das nicht immer so gut und kräftiges Durchkühlen lässt anfälliger werden für Infekte. Husten, Schnupfen, Heiserkeit, aber auch die Harnwegsinfekte haben von Oktober bis Ende Februar Hochkonjunktur. Und da können die Scharfstoffe der Kapuzinerkresse helfen, die zur Gruppe der Senfölglycoside gehören. Diese interessanten schwefelhaltigen Verbindungen finden wir auch bei anderen Pflanzen wie Meerrettich, Weißkohl sowie anderen Kohlarten und nicht zuletzt beim Namensgeber Senf. Spannenderweise wirken diese anregenden, die Verdauungssäfte lockenden scharfen Stoffe nicht direkt antibiotisch wenn sie verzehrt werden; in der Zusammensetzung der Darmflora ändert sich nichts. Aber wenn sie über den Magen-Darm-Trakt bei der Leber landen, baut dieses kleine Chemiekraftwerk die Senfölglycoside um, damit sie uns über die Niere wieder verlassen können. Und diese Umbauaktion führt zu Substanzen die ein breites Spektrum an Bakterien abtöten können. Das bedeutet, das wir in den ableitenden Harnwegen gezielt unschöne Störenfriede wie Escherischia Coli loswerden können und die Kapuzinerkresse gerade in  Verbindung mit Meerettich (Armoracia rusticana) bei einem Harnwegsinfekt helfen können, ohne Antibiotikum den Infekt zu bekämpfen.

Meerrettich und Kapuzinerkresse enthalten jeweils mehrere und von der chemischen Struktur leicht unterschiedliche Senfölglycoside, die im Fachjargon auch Isothiocyanate genannt werden. Das Wirkprinzip beruht wie bei anderen pflanzlichen Extrakten, die gegen Bakterien wirksam sind, auf Vielstoffgemischen, das bedeutet verschiedene chemische Substanzen treten mit ihren Eigenschaften dem Problem entgegen. Daher ist die Entstehung von Resistenzen bei Bakterien deutlich unwahrscheinlicher, da diese sich gegen mehr als eine chemische Verbindung wappnen müssten, was ihnen schwer fällt. In wissenschaftlichen Studien töten hohe Dosen der Isothiocyanate sogar einige Bakterien ab, die schon gegen viele Antibiotika resistent sind. Damit sind die Senfölglycosid-haltigen Pflanzen beim einfachen Harnwegsinfekt, das heißt ohne Schmerzen in den Nierenlagern, Schüttelfrost und Fieber häufig eine Möglichkeit, um die Einnahme von Antibiotika herumzukommen. Mit dem positiven Nebeneffekt, das die Wirksubstanzen auch das Wachstum von Candida-albicans Pilzen hemmen. Andere pflanzliche Wirkprinzipien haben eher in der Vorbeugung ihren Platz, zum Beispiel Cranberrys, deren Wirkstoffe als „Bohnerwachs für die Blase“ durch Glättung der Blasenwand den Bakterien die Anhaftung erschweren. Sobald Bakterien so richtig in der Blase Platz genommen haben, haben Kapuzinerkresse & Co stärkere Tricks auf Lager um ungebetene Gäste zum Rückzug zu bewegen.

 

Leuchtende Kresse aus der Apotheke und auf dem Balkon

Kapuzinerkresse wird meist in standardisierten Fertigpräparaten bei der Blasenentzündung eingesetzt um eine ausreichende Wirkstoff-Konzentration  im Urin zu erzielen. Zur raschen Linderung der Beschwerden können diese zum Beispiel mit einem Tee aus echter Goldrute (Solidago virgaurea) kombiniert werden, deren Wirkung im Gegensatz zu anderen Goldrutenarten entzündungshemmend ist. Als homöopathische Urtinktur ist die Kapuzinerkresse eine durchwärmende, befeuernde Pflanze, die angezeigt sein kann, bei den ewig verfrorenen Frostkötteln, die aus Mangel an Lebenswärme nicht nur bei Harnwegsinfekten sondern auch anderen Infektionen nicht widerstehen können. Auf diese Art wird sie nicht bei einem akuten Infekt sondern zur Umstimmung der Regulationskräfte im Menschen verwendet.

Auf meinem Balkon werden sie diese Sommer wieder keinen Platz erhalten, ich habe es jahrelang probiert. Mit Bodenhaftung gedeihen diese Pflanzen, die sowohl zum Element des Feuers als auch des Wassers in Bezug stehen, prächtig. Der Wind in den Höhenlagen Kieler Mehrfamilienhäuser führt leider dazu, das die Kapuzinerkresse selber in Abwehrschwierigkeiten kommt und Heimat für unzählige schwarze Blattläuse wird.... Nachdem mir das jahrelang geschehen ist, ziehen andere Pflanzen im Frühjahr bei uns ein.

 

 

Ihnen einen wunderbaren Rest des Winters, ein Ende ist in Sicht 

Ihre Dr. Dorothee Struck

 

 

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Bildnachweis /Fotos: Dr. Dorothee Struck, Joachim Struck, Creative Commons oder gekauft bei Depositphotos

 

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