Die Nachtkerze, eine Herbstschönheit, die im Frühjahr in der Praxis Saison hat…

von Dr Dorothee Struck (Kommentare: 0)

Im Herbst erfreuen uns die gelben Blüten der Nachtkerze, so manchen Stau auf der A7 hat mir die Betrachtung von Heilpflanzen auf dem Mittelstreifen erträglich gemacht. Und aktuell rate ich wieder ganz vielen Frauen, einmal eine Kur mit Nachtkerzenöl zu machen. Warum ist diese Herbstschönheit und unterschätzte Heilpflanze im Frühjahr so wichtig. Nun, wir hatten gerade weiße Ostern. Gründonnerstag morgens aus dem Fenster geguckt und aus dem Schnee auf der Balkonbrüstung sehen mich vorwurfsvoll die schwarzen Knopfaugen der Kohlmeisen an: Der Eingang zum Vogelhäuschen ist zugeschneit… wie fies, wenn sie doch wissen, dass Frau Doktor da immer Sonnenblumenkerne bereithält. Ja, der Winter zieht sich wieder einmal hin, die Heizperiode ist lang und länger und damit wird die Haut trocken. Gerade bei den Frauen, die ohnehin schon zu trockener Haut neigen. „Ich creme mich doch schon ständig ein!“ Nun, das mit Cremes die Haut von außen „ernährt“ werden kann, ist ein Märchen der Kosmetikindustrie, ich kann über Cremes eine Glättung bewirken und die Haut etwas aufplustern, aber wahre Schönheit kommt von innen und zu einem Teil aus der Nahrung. Die Nachtkerze ist zwar kein normales Nahrungsmittel, kann aber extrem nützliche Nahrungsergänzung sein.

 

Gute Fette, schlechte Fette & geniale Öle aus der Nachtkerze

Wie vielen Frauen sage ich ständig, dass sie keine Angst vor Fett als solchem haben sollen, wenn es an die Zubereitung des Essens geht. Wir brauchen natürliche Fette zum einen, um fettlösliche Vitamine aufzunehmen, aber mehrfach ungesättigte Fettsäuren sind Ausgangssubstanzen für unsere Gewebshormone, die Prostaglandine und Cholesterin ist der Basis-Baustein für unsere Sexualhormone, die Östrogene, Progesteron und auch das männliche Testosteron. Hungern wir uns von einer Diät zur nächsten, ist es kein Wunder, wenn der Zyklus gerne einmal streikt. Lebe ich von Bequem- und Fertig-Futter, das leider reich an künstlichen Transfettsäuren ist (die werden ewig nicht schlecht, eine lange Haltbarkeit ist für die Lebensmittelindustrie sehr nützlich), muss ich mich nicht wundern, wenn mein Körper damit nichts anfangen kann. Ein Kennzeichen der Transfettsäure ist, dass der Körper diese nicht umbauen kann, in die Fettsäuren, die er so dringend braucht.

Ist unsere Haut sehr trocken, fehlen uns oft mehrfach ungesättigte Fettsäuren, die die Haut glätten, weniger trocken und faltig aussehen lassen, aber auch Juckreiz unterbinden. Im Idealfall nehmen wir über hochwertige pflanzliche Öle wie z. B. Sonnenblumen-, Distel-, Maiskeim-, Hanf- und Sesamöl sowie Nüsse (vor allem Para- und Pekannüsse) genügend Linolsäure auf, die der Körper dann je nach Bedarf in die Gamma-Linolensäure umbaut. Dazu haben wir ein Enzym im Körper, die delta-6-Desaturase. Na, ja theoretisch: zum einen sind wir genetisch etwas unterschiedlich ausgestattet in diesem Bereich; über 50% der Frauen, die an Neurodermitis leiden, haben z. B. einen Mangel an diesem Enzym.  Zum anderen wird das Enzym faul, wenn uns Biotin fehlt (gesunde Darmflora), auch Vitamin B 6, Zink und einige andere Vitalstoffe sind nötig um das Enzym am Laufen zu halten. Und dann kommen die kleinen Sünden der Ernährung und die austrocknende Heizungsluft zusammen und die Haut am ganzen Körper juckt und spannt, egal wie oft wir uns eincremen.

 

Nachtkerze & Borretsch, gegen Juckreiz und trockene Haut auch in der Schwangerschaft

Nicht nur in den Samen der Nachtkerze (Oneothera biennis), auch im Öl aus den Samen vom Borretsch (Borago offizinalis) und der Schwarzen Johannisbeere (Ribes nigrum) sind bis zu 20% Gamma-Linolensäure zu finden, genau die Fettsäure, die die delta-6-Desaturase herstellen soll, aber oft nicht kann. Am erstaunlichsten fand ich vor einigen Jahren die Veränderungen bei einer Patientin mit Neurodermitis, die jahrelang Cortison-haltige Lotionen verwendete, bis sie schwanger wurde. Dem Kind zuliebe verwendete sie keine Kortikoide mehr und ihre ganze Haut war aufgesprungen, rot, trocken, schuppig, allein vom Ansehen hatte ich das Gefühl, ich möchte mich jucken. Was können wir in der Schwangerschaft für das Kind Ungefährliches tun? Nun, erstmal hochdosiert Nachtkerzen-Borretschöl-Kapseln, nach 4 Wochen war die Dame kaum wiederzuerkennen im positiven Sinne: ein ruhiges Hautbild. Sie sagte, es habe 2 Wochen gedauert, bis der Juckreiz nach lies und nach knapp 4 Wochen schälte sich die Haut und die neue war glatt, unempfindlich, weniger gerötet, fast normal aussehend.

Da die Babys im Mutterleib ohnehin mehrfach ungesättigte Fettsäuren für ihre Entwicklung benötigen und die Muttermilch das Nahrungsmittel ist, das die höchsten Konzentrationen an Gamma-Linolensäure enthält, wenn wir von den Samenölen absehen, ist es für die Kinder unproblematisch, wenn Schwangere, die an Neurodermitis oder einem trockenheitsbedingten Juckreiz leiden, Gamma-Linolensäure futtern. Am praktischsten sind Kapseln, denn die Öle mit den mehrfach ungesättigten Fettsäuren werden schnell ranzig, sobald Sauerstoff in ein Fläschchen kommt. Mindestens 150mg Gamma-Linolensäure sollten pro Tag aufgenommen werden.

 

Zur Heizungsluft kommt die Pille … und oft auch noch die falsche

Aber nicht nur die Schwangeren, die sich jucken, ohne dass eine Krankheit oder ein Leberproblem dahinterstecken, werden von mir gerade mit der Nachtkerze „begossen“. Ich sehe auch immer wieder junge Damen, die durch die Pille eine extrem trockene Haut bekommen haben. Nun, das Wintersemester hat uns diverse neue Studentinnen in die Uni-Stadt Kiel gespült, wie jedes Jahr. Und ich bin immer wieder bass erstaunt, bei der Anamnese, dass Frauen mit trockener Haut, Neurodermitis in der Vorgeschichte oder aktiv am Blühen, sogenannte „Haut-Pillen“ verordnet bekamen. Die „klassischen Hautpillen“ sind Pillen, die über zwei Mechanismen die Haut entfetten. Einmal sind da die antiandrogenen Progestine, künstliche Gelbkörperhormone, die die männlichen Hormone im Körper unterdrücken, was bei fiesen Pubertätspickeln, die durch wild ins Kraut schießenden Testosteron-Werten verursacht wurden, sehr hilfreich sein kann. Daneben fördert das künstliche Östrogen in der Pille (Ethinylestradiol) die Produktion von Hormon-bindungs-Eiweißen in der Leber, dadurch wird unter anderem nochmals das freie Testosteron gebunden = unschädlich gemacht. Wie gesagt, prima, wenn Haut und Haare super fettig sind und die T-Zone im Gesicht vor Mitessern nur so strotzt. Kerle haben nun mal eine grobporigere und fettigere Haut als Frauen und wir haben zwar immer ein Bisschen männliche Hormone und brauchen davon auch ein wenig, zu viel kann ein echter Fluch sein. Nur, wenn ich schon immer eine trockene Haut hatte und dann eine hautaustrocknende Pille nehme, muss ich mich nicht wundern, wenn das Hautbild über Monate und Jahre immer schlechter wird. Wenn schon Verhüten mit einer Pille, dann bitte mit einer, die passt. Die Nebenwirkungen auf die Haut lassen sich klein halten, wenn ein leicht androgen wirkendes Progestin wie Levonorgestrel gewählt wird, wobei der Effekt durch das künstliche Östrogen, das die Produktion von SHGB und anderen Bindungseiweißen hochtreibt, natürlich bleibt.

 

Was muss ich bedenken, wenn ich die Pille absetze, weil meine trockenen Haut wie wahnsinnig juckt und die Neurodermitis blüht?

Natürlich ist es mir am liebsten, wenn die junge Dame mit der unter „Hautpille“ so stark zugenommenen Neurodermitis, dann die Pille absetzt. Aber als allererste Frage stellt sich dann für mich die Verhütungs-Alternative. Ja, die Pille hat Nebenwirkungen und sie hat auch aktuell einen eher schlechten Ruf. Aber sie ist, regelmäßig genommen, einfach ein sehr sicheres Verhütungsmittel und einfach absetzen und Tage-zählen bzw. ein Zyklustracking-App nehmen: Bitte nicht, außer, Sie sind nicht in einer Beziehung. Oder wollen ein Kind! Sorry, dass ich das so schreibe, wir haben seit einigen Quartalen stetig steigende Abtreibungszahlen in Deutschland und Österreich, was daran liegt, dass die Pille-out ist und sehr unsichere Dinge wie Kalendermethode und Koitus interruptus wieder auf dem Vormarsch sind. Argggh!

Über die Alternativen zur Pille habe ich viel geschrieben und Online-Kurse aufgenommen. Also:

  1. Machen sie sich schlau, was als sichere und vernünftige Alternative zur hormonellen-Verhütung für Sie in Frage kommt
  2. Nach Absetzen der Pille, die leider bei einer langjährigen Einnahme einen Mangel an verschiedenen Vitalstoffen verursacht, unter anderem Vitamin B6 (das war das, was für das hautfreundliche Enzym wichtig war, siehe oben) nehmen Sie bitte 3 Monate ein gutes Vitamin-B-Komplex-Präparat das im Idealfall auch noch etwas Zink enthält
  3. Nehmen über 6-8 Wochen mindestens 150 mg Gamma-Linolensäure am Tag, z. B. tgl. 3 Kapseln, die jeweils 200mg Nachtkerzenöl und 300mg Borretschöl enthalten. Die Kapseln können alle zusammengenommen werden. Die Hersteller schreiben oft, zu jeder Mahlzeit eine, was nur dazu führt, dass die Mittagseinnahme in der Mensa oder sonst wo unterwegs oft genug vergessen wird. Ich bin ja gerne für praktisch: alle 3 zum Frühstück und gut ist. Auch die anderen oben genannten pflanzlichen Öle, die alle nicht erhitzt werden dürfen, sondern nach dem Kochen an das Gemüse oder auf den Salat kommen, dürfen auch gerne den Weg in Ihre Küche finden.

 

Ich weiß nicht, wie oft ich in den letzten 3 Wochen vor Patientinnen mit trockener Haut der Nachtkerze ein Loblied gesungen habe. In den nächsten Tagen steht auch ein Interview für einen Online-Kongress an zum Thema Verhütung bei Allergikerinnen, und da war mir dieses Thema ein echtes Bedürfnis. Frauen sind unterschiedlich, haben unterschiedliche Bedürfnisse und können dementsprechend auch unterschiedliche Nebenwirkungen haben. Aber gegen vieles sind ja zum Glück gute Heilpflanzen gewachsen.

Ihnen einen wunderbaren Frühling wünscht Ihnen


Ihre Dr. Dorothee Struck

 

Auf Grund des Heilmittel-Werbe-Gesetzes geben wir hier keine konkreten Empfehlungen für Präparate und Dosierungen, bitte fragen Sie in Ihrer Arztpraxis oder Apotheke. Dosierungs-Anleitungen und konkrete Teerezepte bekommen Sie daher nur, wenn Sie Patientin bei uns in der Praxis sind. Oder als Kollegin über Fachfortbildungen.

 

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Die Beiträge dieses Blogs dienen der allgemeinen Information über gesundheitliche Themen. Sie können und sollen in keinem Falle die ärztliche Beratung, Diagnose oder Behandlung ersetzen. Sie sollten daher die hier bereitgestellten Informationen niemals als alleinige Quelle für gesundheits-bezogene Entscheidungen verwenden und sie dürfen nicht als Grundlage zur eigenständigen Diagnose und Beginn, Änderung oder Beendigung einer Behandlung von Krankheiten verwendet werden. Zur eigenverantwortlichen Behandlung geringfügiger Gesundheitsstörungen finden  Sie hier Informationen zu Teemischungen und Produkten, die rezeptfrei in der Apotheke erhältlich sind. Es entbindet sich nicht von der Pflicht, die Beipackzettel zu studieren und ggf. Rat von Ihrer Ärztin oder Apothekerin einzuholen. Bei anhaltenden oder zunehmenden Beschwerden sollten Sie auf jeden Fall ärztlichen Rat einholen. Die Inhalte erheben weder einen Anspruch auf Vollständigkeit noch kann die Aktualität, Richtigkeit und Ausgewogenheit der dargebotenen Information garantiert werden.

Bildnachweis /Fotos: Dr. Dorothee Struck, Joachim Struck, Creative Commons oder gekauft bei Depositphotos

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