Brustselbstuntersuchung und Studien

(Kommentare: 0)

Andere Länder andere Sitten

Zu Hause ist es doch am Besten

Neulich stand ich in einem Wäschegeschäft in der Umkleidekabine, am Haken für den Mantel eine Anleitung zur Brustselbstuntersuchung. Gut gemeint, aber völlig falsch. Da waren nette Zeichnungen einer jungen Frau, die im Stehen Schaum-umflossen, wohl unter der Dusche beim Einseifen, ihre Brust abtastete. Bei mir ging die Alarmklingel auf Rot: Suche die 10 Fehler! War ja sicher gut und nett gemeint, Frauen zur Brustselbstuntersuchung anzuregen aber so?

 

Fehlerquellen bei der Selbstuntersuchung

Falsche Handhaltung, so nutzte das Model nicht die sensiblen Fingerbeeren sondern die Spitzen. Das geht noch gerade eben so durch. Die Seife macht es auch nicht einfacher, Veränderungen die sehr oberflächlich oder sehr tief in der Brust liegen zu erwischen. Muss ja auch nicht jeder ein alter Meister sein, schon gar nicht bei einer Werbekampagne einer Laden-Kette für Miederwaren und Nachtwäsche. Das, was mich bei der gut gemeinten Abbildung am meisten störte, war aber eine Körper-Haltung, die zum Brustabtasten gerade noch in sehr jungen Jahren bei maximal B-Körbchen akzeptabel ist. Wie, die Technik hat etwas mit dem Alter zu tun? Nun, ich bin über 40, habe Körbchengröße D und die Schwerkraft arbeitet seit Jahren an mir. Ohne BH gucken meine beiden Brüste diskret in Richtung Südpol. Wenn ich oben ohne stehe, unter der Dusche oder sonst wo, liegt einfach sehr viel Brustgewebe an der gleichen Stelle übereinander. Veränderungen in der Tiefe tasten? No Chance, selbst als Profi in Sachen Brustabtasten. Ich kann bedauern, dass die Drüsen nicht mehr straff auf dem Brustkorb aufgespannt sind oder mich mit der Tatsache abfinden, dass die Schwerkraft jeden Morgen wieder angestellt wird… und das seit fast 50 Jahren. Die Zeiten, Anfang des Medizinstudiums über 25 kg leichter, als ich nicht mal die A-Körbchen bei H & M ausfüllte, sind lange vergangen.

 

Der Optik kann ein guter BH nachhelfen, der Brustselbstuntersuchung nur eine gute Technik.

Die beginnt mit der Lagerung, auf dem Rücken oder für die seitlichen Anteile der Brust in Halbseiten-Lagerung mit Hand an der Stirn. Die Lagerung und die Körperposition sowie die richtige Handhaltung sind die Basis für eine gute und effektive Selbstuntersuchung der Brust. Als nächstes kommt die Vorgehensweise: wenn ich bei einer Patientin abtaste, habe ich oft eine radiäre Technik, denn ich sehe was ich tue. Taste ich mich selber ab, gehe ich mäanderförmig vor nach der Methode MammaCare: Methode Rasenmäher, das heißt, keine Grashalme stehen lassen. Sie sehen, die Teufelin liegt im Detail, auch untersuchen will gelernt sein und als ich vor ca. 10 Jahren die Ausblildung zur MammaCare-Trainerin machte, habe ich selber noch mal viel gelernt, was mir täglich beim Abtasten von Patientinnen zu Gute kommt; und den Damen natürlich auch. Obwohl ich zu dem Zeitpunkt schon über 10 Jahre im „Geschäft“ der Frauenheilkunde tätig war.

 

Brustselbstuntersuchung kann unglaublich effektiv sein.

Frauen, die sich selber regelmäßig gekonnt abtasten, sind oft besser als ihr Arzt oder ihre Ärztin, denn sie kennen ihr individuelles Gewebe, wissen, wo die Drüsen sitzen, die gerne mal vor der Regel oder bei Stress „meckern“. Ich taste als Ärztin etliche Brustpaare pro Tag ab, finde zwar mit großer Sicherheit auffällige Knoten, aber ganz kleine Abweichungen in der individuellen Brust, kennt die Frau meistens am besten. Ich bin immer der Meinung, Frauen sind Expertinnen für ihren eigenen Körper, insbesondere, wenn Sie eigenverantwortlich handeln und sich gut untersuchen.

 

Was sagen Studien aus?

Aber Moment mal, ging nicht gerade durch die Presse das da zwei Studien gezeigt haben, das Brustselbstuntersuchung nichts bringt? Gerade in den gynäkologischen Fachzeitschriften tauchte eine entsprechende Zusammenfassung mehrfach in den letzten Monaten auf. Hmmmm, wenn ich oberflächlich lese, denke ich: Schade! Wenn ich genau lese, frage ich mich, warum wird das gerade so stark kolportiert; will irgendjemand Frauen von der Selbstuntersuchung abhalten? Uns die Selbstfürsorge für unsere Körper absprechen? Die Studien waren zwar mit mehreren Tausend Frauen gemacht, aber sie kamen aus China und Indien. Beides Länder, die nicht gerade für ihren unkomplizierten und tabulosen Umgang mit Körperlichkeit bekannt sind. Ich habe am Ende meines Studiums ein Praktikum in einem Dorf-Krankenhaus in Indien absolviert, in Bihar (ärmstes Bundesland, höchste Analphabeten-Quote Indiens) im Santal Paganas, dem Ureinwohnergebiet. Ich habe in 3 Monaten keine Patientin nackt gesehen, das wäre unmoralisch gewesen: für Geburten wurde der Sari hochgerollt (oder der Lunghi im Falle der Ureinwohnerinnen), für einen Kaiserschnitt wurde er etwas auf die Hüften heruntergerollt. Abhören auf Herzfehler in der Schwangeren-Ambulanz erfolgte immer über dem Sari und der Bluse, nach 3 Monaten war ich richtig fit im Abhören. Ausziehen, selbst nur den Oberkörper? Geht gar nicht! Nicht mal im Frauenkrankenhaus für die Geburtshilfe, vor dem ein Gatter Männer, Ziegen und andere Tiere aussperrte. Soweit möglich sogar männliche Ärzte und wenn dann doch mal einer von den Kollegen zur Hilfe gerufen wurde, gab es großes Gezeter.

Um Studien lesen zu können, erfordert es immer auch Hintergrundwissen: Wie groß die Anzahl der Probanden, was wurde mit welcher Methode über was für einen Zeitraum untersucht und wie ist der soziokulturelle Hintergrund, wenn es keine europäische Studie war.

 

Andere Länder, andere Sitten

Vor einigen Jahren ging eine Meldung durch die Presse, dass der chinesische Familienplanungsminister zurücktreten musste. Die Sexual- und Verhütungskampagnen bei Minoritäten, die nicht der Ein-Kind-Politik gehorchen mussten, hatten keinen Rückgang der Geburtenzahlen erwirkt. Ein Forschungstrupp wurde hinterhergeschickt und fand heraus, das 50% der Pillen von Männern geschluckt wurden und ca. 30% der Kondome so angewendet wurden, wie die Aufklärungstrupps es gezeigt hatten: über den Daumen gestülpt… Auf Grund der kulturellen Schamhaftigkeit war nicht klar gesagt worden, wo die Lümmeltütchen hingehören. Uff! Und bei einer Studie aus so einem Land, bei der große Gruppen Frauen unter unbekannten Umständen gesagt bekamen, sie sollen Brustselbstuntersuchung durchführen, kam heraus, dass das nix bringt… Vertraue ich jetzt der Studie, oder der Fähigkeit europäischer Frauen, sich auszuziehen um sich gründlich selbst zu untersuchen und ihrer Fähigkeit über Körperlichkeit zu reden. Die Methode MammaCare wurde von Lernpsychologen mit entwickelt und gewann wegen der nachweislich effektiven Didaktik einen Präventionspreis in den U.S.A. – Ja, Selbstuntersuchung bringt viel, wenn sie mit einer guten Methode regelmäßig durchgeführt wird. Die halbe bis dreiviertel Stunde im Monat sollte ihnen ihre Gesundheitsvorsorge wert sein. Und lassen Sie sich nicht verwirren von Studien aus fernen Ländern!

Termine für ein MammaCare Training können sie in unserer Praxis über Frau Tonia Gühne vereinbaren.

 

Ihnen einen wunderbaren Beginn des Frühjahres

Ihre Dr. Dorothee Struck

Skulptur in Vilnius

Skulptur aus der Republik Uzupis, Vilnius, Litauen  Foto: Dorothee Struck

 

Wenn Sie die Informationen, die ich nur per Mail teile, erhalten möchten, melden Sie sich bitte für unseren Newsletter an.

Anmeldung zum Newsletter - wir geben Adressen nicht weiter!

Disclaimer:

Die Beiträge dieses Blogs dienen der allgemeinen Information über gesundheitliche Themen. Sie können und sollen in keinem Falle die ärztliche Beratung, Diagnose oder Behandlung ersetzen. Sie sollten daher die hier bereitgestellten Informationen niemals als alleinige Quelle für gesundheits-bezogene Entscheidungen verwenden und sie dürfen nicht als Grundlage zur eigenständigen Diagnose und Beginn, Änderung oder Beendigung einer Behandlung von Krankheiten verwendet werden. Zur eigenverantwortlichen Behandlung geringfügiger Gesundheitsstörungen finden  Sie hier Informationen zu Teemischungen und Produkten, die rezeptfrei in der Apotheke erhältlich sind. Es entbindet sich nicht von der Pflicht, die Beipackzettel zu studieren und ggf. Rat von Ihrer Ärztin oder Apothekerin einzuholen. Bei anhaltenden oder zunehmenden Beschwerden sollten Sie auf jeden Fall ärztlichen Rat einholen. Die Inhalte erheben weder einen Anspruch auf Vollständigkeit noch kann die Aktualität, Richtigkeit und Ausgewogenheit der dargebotenen Information garantiert werden.

Bildnachweis /Fotos: Dr. Dorothee Struck, Joachim Struck, Creative Commons oder gekauft bei Depositphotos

 

Zurück